„Big-wave“ segeln

Passage von Bora Bora nach Pago Pago in American Samoa (Juli 2022)

Der Teil des Pazifischen Ozeans zwischen Bora Bora und Fiji ist so schon nicht ganz einfach. Das Wetter und damit der Wind ist veränderlicher als zum Beispiel zwischen Galapagos und den Marquesas. Insofern würde man gerne für die gesamte Passage eine Wettervorhersage haben. Dafür ist aber die gesamte Strecke bis Fiji zu lange. Corona macht die Passage noch mehr zur Herausforderung. Zwischen Bora Bora und Fiji gibt es zwar einige Inseln, aber manche davon sind Corona bedingt noch „geschlossen“ (Niue, Tonga, American Samoa, Western Samoa) oder haben auf der Route keinen Port of Entry (Cook Inseln). Die Cook Inseln haben im Juli 2022 zwar bereits geöffnet, allerdings mit nur einem Point of Entry in Rarotonga, das liegt deutlich südlich unserer angestrebten Route und je weiter im Süden desto eher kommt man in das Einflussgebiet der Tiefs die im Süden durchziehen. Abgesehen davon wissen wir von anderen Seglern, dass der Hafen mangels Alternativen ohnehin zum Bersten voll ist. Dazu kommt, dass der Hafen nach Norden nicht geschützt ist. So das Wetter – wie alle paar Wochen üblich – dreht, wird’s dort recht unruhig.

Wir bemühen uns über Kontakte um eine Art Sondergenehmigung für American Samoa. Es schien uns die Variante mit dem wahrscheinlichsten Erfolg. Nach ca. einem Monat Emailverkehr mit dem Hafenmeister in Pago Pago und jeweils ca. 40 Vertretern (keine Übertreibung) anderer Behörden am CC Emailverteiler bekommen wir auch das ok in Pago Pago einlaufen zu dürfen. Später sollten wir erfahren, dass wir eine Art Versuchskaninchen für das folgende Öffnen der Seegrenze sind. Wie auch immer, in Bora Bora warten wir also noch auf ein Wetterfenster und selbst das gestaltet sich nicht als ganz einfach. Das erste grundsätzlich mögliche Wetterfenster stellt sich dar mit: gutem Wind aber etwas zu hohen, wenn auch machbaren Wellen. Wir denken uns, wird vielleicht ein bissl anstrengend, aber eigentlich wollen wir los, also „Augen zu und Anker auf“.

Die Passage stellt sich in Folge wellenbedingt als eine unserer Anspruchsvollsten heraus. Die Wellen noch höher als vorhergesagt, wir erleben bis zu 5-6m Welle. Nichts gefährliches, aber wir müssen schon wissen was wir tun. Dafür kommen wir bei gutem Wind gut voran. Nach ca. einer Woche Roller Coaster und Böen bis über 50kt beginnen wir mit der Ansteuerung der Bucht von Pago Pago.

Die Bucht hat ein vorgelagertes Riff, um das man seitlich rum muss. Keine Hexerei, da betonnt. Wäre da nicht der plötzliche Wolkenbruch, der die Sichtweite auf wenige Meter reduziert. Es wird also noch mal spannend, kommen aber gut in die gebogene Bucht. Es ist Sonntag Abend, schnell noch beim Hafenmeister angemeldet, der uns super freundlich empfängt und sogar anbietet bei Bedarf Wasser oder Lebensmittel zu organisieren, da wir ja bis zum Corona Test Ergebnis in Quarantäne am Boot bleiben müssen.

Die Bucht ist relativ leer. Ein paar offensichtliche Liveaboard Dauerlieger, die ihre Schiffe gar nicht mehr bewegen und ein paar US beflaggte Boote. Wie sich später herausstellen soll, sind die meisten seit Beginn von Corona hier. Nur 2-3 amerikanische Boote kamen während Corona. Wir sind seit 3 Monaten das erste einlaufende Sportboot. Ein Amerikaner erklärt uns dann noch per Funk wo wir genau ankern sollen. Wir sind dankbar dafür, die Bucht ist bekannt dafür keinen guten Ankergrund zu haben, hat andererseits aber topografisch bedingt eine Düsenwirkung auf den Wind. Wir wundern uns dann aber doch wie er uns auf den Meter genau erklärt, wo wir den Anker fallen lassen sollen. Wir folgen der Empfehlung und der Anker sitzt aufs erste Mal.

Nach einer geruhsamen Nacht geht es am nächsten Tag, Montag Früh, gleich zum vielleicht 200m entfernten Betonpier einer vollständig desolaten kleinen Marina. Und zwar mit der Yacht, nicht mit dem Dinghy. Während unserer Anfahrt bauen sich am Pier die Behörden mit Zelt, Tisch und Klappstühlen auf als wäre ein Kreuzfahrtschiff im Anrollen. Nun, dies ist zwar nur für uns, aber eben auch der Test für die kommenden Wochen, wenn die Grenzen wieder aufmachen und mehr Boote erwartet werden. Nach Schnelltest und 15 Minuten Warten aufs Ergebnis kommt der Rest der Prozedur. Die Immigration nimmt uns die Pässe ab und fährt einfach weg damit :-), der Zoll lässt uns Formulare ausfüllen, Biosecurity durchsucht unser Boot. Und man entschuldigt sich bei uns, dass die K9 (die Spürhunde) heute anderes zu tun haben und nicht zu uns kommen können. Immer wieder müssen wir wegen der Tide die Leinen und Fender nachjustieren, denn wir sind wie gesagt auf einem Betonpier und keinem Schwimmsteg. Nachdem dann alle fertig sind, bauen die wieder ihre Zelte ab, die Pick-ups werden wieder beladen und es düsen alle ab. Wir sind allerdings Reisepass-los. Nach einer weiteren Dreiviertelstunde, taucht aber der Typ von der Immigration wieder auf und bringt uns unsere Pässe zurück.

Endlich können wir IBEX von der beinahe zerstörerischen Betonmauer wegfahren, es gilt nun wieder den Anker dort fallen zu lassen wo der auch hält. Da uns das zuvor etwas zu knapp an einem anderen amerikanischen Boot war, versuchen wir es mit dem Anker 3m neben der tags zuvor empfohlenen Stelle. Denkste, hält nicht. Also wieder genau dort wo er war, und er hält bombenfest. Der Ami wusste schon wovon er spricht.

In der Folge erfahren wir noch, dass die hohen Wellen auf unserer Passage, die auch so nicht in der Vorhersage waren, Teil eines Jahrhundert Wetterereignisses waren. Eine spezifische Konstellation eines Tiefs und Hochs südlich unserer Route hat diese Wellen aufgebaut. Es kam insbesondere in Küstennähe sowohl in Französisch Polynesien als auch auf American Samoa zu einigen Schäden. Der Flughafen von Pago Pago war deswegen geschlossen als wir ankamen. An der Küste von American Samoa hat es Straßen derart unterspült, dass sie eingebrochen sind und damit gesperrt werden mussten.

Wir bleiben nur eine Woche, von der wir in einem separaten Blogbeitrag berichten werden. Danach gehen die Grenzen auf und die Bucht wird voll. Auch einige unserer Segelfreund kommen in dieser Zeit nach American Samoa. Allein in den zwei Wochen nach unserer Abreise hat bei 2 Yachten der Anker derart nicht gehalten, dass sie auf andere ankernde Yachten getrieben wurden. Also Danke nochmal an den Amerikaner, der uns aber sowas von exakt gesagt hat wo wir den Anker fallen lassen sollen.