Galapagos – Marquesas
Die Route auf der wir in den nun bald 2 Jahren so grob unterwegs sind nennt sich unter Seglern die „Barfußroute“. Man kann auf dieser auch die Welt umrunden. Es ist seglerisch keine allzu herausfordernde Route und man ist immer in warmen Klima, daher auch der Name „Barfuß“. Der längste Abschnitt dieser Route, ohne die Möglichkeit zu haben an Land zu kommen, eine Pause zu machen, auf die Schnelle Hilfe zu bekommen, ist die Passage von den Galapagos auf die Marquesas, Französisch Polynesien. Es sind grob 3000 Seemeilen (grob 5500km) für die man mit einem Schiff wie dem unseren grob 3-4 Wochen benötigt. Es ist für viele Segler, die diese Passage segeln, die längste Passage und bleibt es dann auch fürs Leben. So wird es vermutlich auch für uns sein. Die Herausforderung dieser Passage ist wie gesagt nicht das Seglerische, da war zum Beispiel unser Trip von Bonaire nach Kolumbien deutlich anspruchsvoller. Aber die Distanz und die Abgeschiedenheit haben es in sich.
Am 23. März besuchen uns zum letzten Mal die Behörden der Galapagos Inseln für unsere „Abschiedsinspektion“, in Folge lichten wir unsere beiden Anker, motoren aus der Bucht von Puerto Ayora raus und setzen gegen Mittag unsere Segel. Ab sofort sind wir für 3-4 Wochen auf uns alleine gestellt, egal was da kommen mag an Verletzung, Krankheit, Schaden am Boot und seinen Systemen, etc. Es ist für eben genau diese längeren Passage für die eine umfangreiche Ausrüstung und penible Planung (überlebens)notwendig ist.

Wir haben unseren Abreisetag so gewählt, dass uns der Wind auf Santa Cruz abholen kommt. Es ist noch früh in der Passatwindsaison, und insofern steht der Passat noch nicht stabil. Befreundete Boote, die vor und auch nach uns losgezogen sind, mussten sich erst mal unter Motor in den Süden vorkämpfen. Wir nehmen den Wind und heben uns den Diesel für etwaige andere Notwendigkeiten und Flauten auf.
Die ersten Tage auf Passage brauchen wir immer um erst mal in den Trott zu kommen. Erst so nach 3 Tagen hat man das Gefühl in der Passage angekommen zu sein. Wir segeln auch erst mal recht flott dahin, kommen aber nach wenigen Tagen dann doch auch noch in den zweifelhaften Genuss eines Schwachwindgebietes. Grob 1,5 Tage unter Motor bringen uns dann in die eigentliche Passatwindzone, und ab da segeln wir nur mehr.
Der Wind ist in den folgenden Tagen recht wechselhaft, sowohl in Stärke als auch Richtung, das bedeutet regelmäßiges Reffen und Ausreffen sowie Segeleinstellungen ändern. Die nervigere Herausforderung sind allerdings die Wellen, oder wie man auf Englisch so schön sagt, der „Seastate“. Oder anders formuliert: sämtliche banalen Aktivitäten, angefangen mit Anziehen und Zähneputzen, über Kochen und Essen werden zum Hochleistungssport auf Grund der ruppigen Schiffsbewegungen.
Nach gut einem Drittel, also nach einer guten Wochen, wird es endlich ruhiger, und wir haben immer mehr von dem was man auch „Champagne Sailing“ nennt: schöner Passat mit 15-20kt von räumlich oder achterlich, mäßige Wellen, immer mehr Sonne, es lässt sich auch mal richtig genießen.
Leider haben wir um die Halbzeit rum nochmal doofe Wellen und im Zuge dessen auch ein ziemliches Motivationstief. Irgendwie sind wir gefühlt bereits ewig unterwegs und wissen aber, es ist immer noch extrem weit. Aber auch das geht vorbei.
Wir lassen übrigens weitestgehend die Hydrovane das Schiff steuern, das funktioniert richtig gut, verbraucht keinen Strom und der Autopilot kann sich erholen.

Wir sind nicht ganz von der Welt gefallen, haben Kontakt zu der Handvoll befreundeten Boote, die in einem Umkreis von 1000 Seemeilen zu uns segeln, teilweise sind diese bis zu einer Woche vor oder nach uns losgezogen. Abgesehen davon gibt es ein bisschen Kontakt mit daheim, alles per Email über Kurzwellenfunk. Manche der befreundeten Boote tracken wir auch am Plotter mit der jeweils letzten bekannten Position. Die Icons für die Boote haben natürlich alle eine Geschichte, so haben die einen krass viele Delphine gesehen, und dann die anderen sind mit extrem viel Diesel in Kanistern an Deck unterwegs.

Ein seltenes Ereignis in diesem Teil der Erde ist es auf einen Frachter zu treffen. Die üblichen Frachtrouten verlaufen woanders. Vicky hat dann nachts ein besonderes Funkerlebnis mit dem Navigator eines koreanischen Kohlefrachters. Der nette Herr frägt ob er denn auch was persönliches Fragen darf. Er interessiert sich dafür was wir denn hier draußen machen, wie viele Leute wir an Bord sind, wie denn das so ist auf so einem winzigen Boot und was das Boot gekostet hat. Seine Sorge drückt er damit aus in dem er fragt ob denn das gefährlich ist was wir machen. Von Vicky will er erfahren welche Funktion sie an Bord hat. Er möchte auch wissen ob wir ebenfalls soviel Papierkram machen müssen beim Ein- und Ausklarieren in den Ländern (ja, natürlich). Im Gegenzug möchte Vicky wissen wie lang deren Ankerkette ist, die Antwort: Das weiß ich nicht, ich bin der Navigator. Er bringt es dann allerdings in Erfahrung, sie haben 400m Kette.
Nach gut 2 Wochen stellen wir im Nachhinein fest, dass wir ob der Dauer der Passage in einen trance-artigen Zustand geraten sind, fast macht sich Panik breit in dem Moment als wir feststellen, dass wir in nurmehr 3 Tagen ankommen. Wir waren dann wieder mal etwas schneller als gedacht, der Passat war gut, nach genau 3 Wochen lassen wir den Anker in der Taioha’e Bucht von Nukua Hiva fallen, eine Insel die zu den Marquesas gehört. Und dies gesund, unverletzt und nur mit kleineren Schäden an Kleinteilen, die immer zu erwarten sind, bei so einem Meilenpensum.
Wir würden ja gerne mal das Gefühl so einer Ankunft teilen, aber es ist im wahrsten Sinne des Worten unbeschreiblich, krass intensiv und wunderschön. Es lässt ich einfach nicht in Worte fassen.



