Gibraltar – Las Palmas de Gran Canaria
Gibraltar, oder genauer La Linea war unsere „staging area“ für die Fahrt durch die Straße von Gibraltar und weiter bis Las Palmas. Staging area insofern, als man insbesondere zu dieser Jahreszeit auf das richtige Wetterfenster warten muss um keine Überraschungen zu erleben.
In der Straße von Gibraltar gibt es grundsätzlich an der Oberfläche einen ostsetzenden Strom (im Unterschied zu einem westsetzenden Strom in ein paar Hundert Meter Tiefe, der auch gern von U-Booten genutzt wird um aus dem Mittelmeer hinaus in den Atlantik zu „driften“). Dem Meeresstrom ist dann noch ein Tidenstrom überlagert, und letztendlich hat der Wind (und damit Welle) natürlich auch noch einen Einfluss. Die Durchfahrt durch die Straße will also gut geplant sein, denn es gibt einige Geschichten von Leuten, die es bei Westwind trotz Tidenunterstützung versucht und trotzdem nicht geschafft haben.
Darüber hinaus ist die Passage auf die kanarischen Inseln auch nicht ganz ohne. Auch wenn man noch relativ nahe an Land (Marokko) ist, ist es wettertechnisch die herausforderndste Etappe auf einer Atlantiküberquerung. Abgeschnittene Tiefs, die dann gerne mal vor Marokko rumwabern möchte man nur ungern antreffen, zum Beispiel und der Passat ist auf diesem Streckenabschnitt im Unterschied zu weiter südlich auch noch nicht stabil.

Wir hatten Glück, dass sich relativ kurzfristig ein Wetterfenster auftat, dass beide Dinge möglich machte. Mit Tide Tables bewaffnet sowie professioneller Wetterberatung machten wir uns an die Törnplanung. Wir legten früh morgens gemeinsam mit der befreundeten Crew der Inaya ab um pünktlich zum Kippen der Strömung (3 Stunden nach Hochwasser in Gibraltar) aus der Bucht von Gibraltar draußen und quasi an der Einfahrt der Straße zu sein. Ganz im Norden an der Küste haltend hob der Tidenstrom den Meeresstrom Großteils auf, tlw. schob er uns auch an. Interessant auch, dass man die Strömungskante zwischen Zentralstrom und nördlichem Gegenstrom sehr gut sehen konnte.
Nach ein paar Stunden waren wir durch die Straße durch, kreuzten noch vor dem äußeren Verkehrstrennungsgebiet und setzten unseren Parasail in Richtung Kanaren. In der Nacht dann doch ein kleine Überraschung, der Wind frischte mehr auf als vorhergesagt. Im Mittelmeer hatten wir bisher eher nur Schwachwind, also ging es zum ersten Mal daran den Parasail mal bei etwas stärkerem Wind (25kn) zu bergen. Ein bissl ein Act, aber mit wohlüberlegten Set-up ging das doch ganz gut.
Auch wenn am nächsten Tag nochmal etwas wenig Wind war und wir für ein paar Stunden motorten hatte sich unsere Routenplanung, die mit gutem Abstand zur marokkanischen Küste eher offshore verlief, ausgezahlt: der Wind war dann für den Rest der Passage top. Dies bedeutete für uns: Passatsegel! Neues Segelset-up für uns, zu Beginn noch etwas ungewohnt und die Handgriffe wollten noch optimiert werden. Aber es hat alles geklappt und mit zwei schön ausgebaumten Passatsegel lässt es sich sehr relaxed auch Tage am Stück segeln.

Langeweile kam trotzdem nicht auf, dafür sorgten schon andere Boote: vornehmlich britische Segelyachten, die meinten, sie müssten per Funk sämtliche Frachter aus dem Weg räumen. Da wurden Frachter tlw. 20 Seemeilen im Voraus angefunkt mit der Bitte sicherzustellen die eigene Segelyacht nicht zu rammen. Nebst sehr höflichen Frachtersteuermännern (Frauen waren da in der Tat keine dabei) gab es aber auch ein paar Rückmeldungen mit Unverständnis, was man bei 20 Seemeilen Abstand auch verstehen kann.
Andersrum hatten wir gegen Ende der letzten Nacht eine polnische Segelyacht, wohl auf dem Weg von Madeira nach Lanzarote, die meinte sie müsste genau auf uns zusteuern. Was erst auf Grund des Rollens der Schiffe nicht ganz so klar ist, macht dann schon zu denken, wenn das AIS eine CPA von 26m ausrechnet. Also haben wir mal zum Funkgeräte gegriffen nachdem sie auf 1,5 Seemeilen an uns dran waren und keine Anstalten gemacht hatten den Kurs zu ändern (ja, wir waren Kurshaltepflichtig). Ohne Rückmeldung haben wir dann auch mal das Signalhorn ausgepackt und die 5 kurzen „Was zum Teufel macht ihr“ Töne abgegeben. Erst mal auch keine Reaktion, dann aber doch 30° Kursänderung. Am Funk gemeldet haben sie sich trotzdem nicht.
Vor Las Palmas kamen wir dann gegen 4 Uhr morgens im Stockdunkeln an. Irgendwie war uns dieses Mal nicht nach einer Anlegeaktion im Dunkeln, so machten wir es wie die „Waiting for Orders“ Frachter und drifteten noch zwischen Fuerteventura und Gran Canaria ein paar Stunden, bevor wir beim ersten Tageslicht in die Marina fuhren.